Sendung in arte noch bis 16.Dez.2017 anzusehen
Roundup® ist unter diesem und anderen Markennamen das weltweit am meisten gespritzte Pflanzenschutzmittel. Vierzig Jahre nach dessen Markteinführung wurde sein Wirkstoff Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend für den Menschen eingestuft. Vor dem Hintergrund der in der Europäischen Union anstehenden Entscheidung über ein Glyphosat-Verbot geht die Doku dem Skandal auf den Grund.

Allein 2014 wurden 825.000 Tonnen des starken Unkrautvernichters Glyphosat auf Feldern und in Gärten ausgebracht. Die Besorgnis hinsichtlich der Gefahren, die von dem weltweit meistgespritzten Pflanzenschutzmittel ausgehen, ist groß. Zumal die Internationale Agentur für Krebsforschung Glyphosat im März 2015 als wahrscheinlich krebserregend für den Menschen einstufte und damit zu einem ganz anderen Schluss kam als die großen amerikanischen und europäischen Gesundheitsbehörden, die Monsantos Roundup® und dessen Wirkstoff Glyphosat als ungefährlich bezeichneten. Anknüpfend an ihren investigativen Dokumentarfilm „Monsanto, mit Gift und Genen“ aus dem Jahr 2008, zeigt die Autorin Marie-Monique Robin in ihrem neuen Film, dass Roundup® noch gefährlicher ist als bisher befürchtet: Der „Allestöter“ – so der Beiname des Produkts im Spanischen – macht krank und vergiftet Böden, Pflanzen, Tiere und Menschen, denn er ist überall anzutreffen: im Wasser, in der Luft, im Regen, in der Erde und in Lebensmitteln. Außerdem ist Glyphosat nicht nur krebserregend, sondern auch eine hormonaktive Substanz, ein starkes Antibiotikum und ein Chelatbildner, der Spurenelemente bindet. Der Film enthüllt die katastrophalen Folgen dieser Eigenschaften und zeigt aufwühlende Bilder von Opfern in den USA, Argentinien, Frankreich und Sri Lanka; auch zahlreiche Wissenschaftler kommen zu Wort. Roter Faden des Dokumentarfilms ist der symbolische Prozess vom Oktober 2016 in Den Haag: Beim internationalen Monsanto-Tribunal klagte eine Bürgerinitiative den Saatgut-Multi in dessen Abwesenheit auf Ökozid und Verbrechen gegen die Menschlichkeit an. Ergebnis des Prozesses ist ein hieb- und stichfestes Rechtsgutachten, das möglicherweise dazu führen wird, dass „Ökozid“ als Tatbestand im internationalen Recht Anerkennung findet.

MONSANTO: GIFT FÜR ALLE(S)

Kolumne: Glyphosat wirkt vielfältig zerstörerisch, warnt Filmautorin Marie-Monique Robin.

ARTE France © M2R Films

Durch meinen vorherigen Dokumentarfilm „Monsanto, mit Gift und Genen“ aus dem Jahr 2008 wusste ich schon viel über Glyphosat, den Wirkstoff des Herbizids „Roundup“. Aber dass der Schaden, den diese Chemikalie anrichtet, so groß ist, war mir nicht bewusst. In meinen Augen ist sie eines der giftigsten Produkte, das die Menschheit je erfunden hat.

Nur wenige Menschen wissen, dass die Substanz bereits 1964 patentiert und zunächst zur Kesselreinigung benutzt wurde. Im Jahr 1974 ließ Monsanto sie als Unkrautvernichtungsmittel patentieren. Allerdings wirkt sie derart, dass sie, wenn sie in den Erdboden gelangt, dort die Mineralien bindet und den Pflanzen wichtige Nährstoffe entzieht. In Sri Lanka löste diese chelatbildende Verbindung in einem Reisanbaugebiet eine Epidemie tödlicher Nierenkrankheiten aus. Von der WHO wurde Glyphosat 2015 als „wahrscheinlich krebserregend für Menschen“ eingestuft.

Seitdem haben in den USA 3.000 am Non-Hodgkin-Lymphom erkrankte Landwirte eine Sammelklage gegen Monsanto eingeleitet. Glyphosat kann das Hormonsystem beeinflussen und zu Fehlbildungen im Mutterleib führen. Im Jahr 2010 wurde die Substanz von Monsanto als Antibiotikum patentiert. Allerdings kann sie ebenso die guten Bakterien der Darmflora wie die der Böden zerstören.

Es gibt sehr wenige Chemikalien, die so vielfältig zerstörerisch wirken. Das ist sehr beunruhigend, da Glyphosat das am häufigsten eingesetzte Herbizid weltweit ist: 800.000 Tonnen wurden im Jahr 2016 versprüht, meist über gentechnisch veränderte Sojabohnen, mit denen wiederum europäische Tiere gefüttert werden. So wurden Glyphosatrückstände überall in der Nahrungskette gefunden, etwa in Biersorten und im menschlichen Urin!

Natürlich war der Prozess in Den Haag ein symbolischer, bei dem kein rechtskräftiges Urteil gesprochen werden konnte – Monsanto hatte keinen Verteidiger gestellt. Dennoch: Am Ende plädiert das Tribunal dafür, den „Ökozid“, das Verbrechen gegen die Ökosysteme, zu einem Tatbestand des internationalen Gerichsthofs zu erklären. Die Zulassung von Glyphosat in der EU läuft Ende dieses Jahres aus. Würde die EU-Kommission eine Neuzulasssung gewähren, wäre das unverantwortlich.

Zur Person: Marie-Monique Robin
Robin ist eine französische Filmemacherin. Einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde Robin, Jahrgang 1960, durch ihren vielfach ausgezeichneten Dokumentarfilm „Monsanto, mit Gift und Genen“ von 2008. Im Vorfeld des symbolischen Prozesses gegen Monsanto im Oktober 2016 sprach sie mit Betroffenen weltweit.