
Am 22. Februar, dem internationalen Tag der solidarischen Landwirtschaft, fand das Gela Ochsenherz Visionstreffen statt.
Wenn das kein gutes Omen ist!
Mitarbeiter:innen und Ernteteiler:innen von Gela Ochsenherz fanden sich in den Räumlichkeiten des Vereins MUT (Rechte Wienzeile 37) zusammen, um sich miteinander auszutauschen und sich mit konkreten Fragen auseinanderzusetzen.
Zum Einstieg gab es ein kurzes Video in dem Vertreter:innen verschiedener Solawis ihre Motive und Gedanken zur solidarischen Landwirtschaft zum Ausdruck brachten.
Danach präsentierte Christoph einen kurzen Überblick über die historische Entwicklung der Solawis, sowie die wichtigsten Beweggründe und Merkmale dieser Landwirtschaftsform.
Herbert ergänzte, dass diese für die überwiegende Mehrheit der Weltbevölkerung auch heute noch die Norm ist und erst in der jüngsten Vergangenheit ein kleiner Teil zu einer industrialisierten Form der Landwirtschaft mit all ihren (scheinbaren) Vor- und offensichtlichen Nachteilen übergegangen ist.
Danach haben wir uns in Gruppen angeschaut, welche Aufgaben in einer Solawi und bei Gela eigentlich überhaupt so anfallen und ob diese Arbeiten von den Angestellten, von den Ernteteiler:innen oder von den Ratsmitgliedern erledigt werden (sollten). Die Liste ist lang!



Nach der Mittagspause wurden drei Gruppen gebildet, die sich mit drei sehr konkreten Fragen zu befassen hatten:
- Solidarische Finanzierung
- Solidarische Verteilung der Ernte
- Solidarische Gemeinschaft
Hier findet ihr Dir wichtigsten Ergebnisse aus den Gruppen kurz zusammengefasst:
Solidarische Finanzierung
Ziel einer solidarischen Finanzierung ist es, die unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten der Ernteteiler:innen zu berücksichtigen bzw. zu nutzen und sicherzustellen, das innerhalb bestimmter Rahmenbedingungen der Zugang zu frischem, biologischem Gemüse für alle Ernteteiler:innen leistbar ist.
Das setzt voraus, dass Ernteteiler:innen ihre finanzielle Leistungsfähigkeit einschätzen und sich dementsprechend an der Finanzierung der Landwirtschaft beteiligen.
Wie könnte man nun Ernteteiler:innen dabei unterstützen sich selbst einzuschätzen und sich entsprechend zu beteiligen?
Es wurden unterschiedliche Konzepte diskutiert, ein Stufenmodell, ein Ampelmodell, die Möglichkeit aus unterschiedlichen Vorschlagswerten auszuwählen, sowie ein völlig frei wählbarer Beitrag aufgrund von Selbsteinschätzung.
Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang vor allem auch die Kommunikation mit den Ernteteiler:innen, die immer das Gesamtprojekt umfassen muss, da solidarische Landwirtschaft weit mehr ist als die Versorgung einer bestimmten Gruppe von Menschen mit gesundem Gemüse. Solidarische Landwirtschaft bietet die Möglichkeit sich mit seinen eigenen Stärken und Interessen in das Projekt einzubringen und so einen höchst individuellen, aber gleichzeitig gesellschaftlich äußerst sinnvollen Beitrag zu leisten, sich gesund zu ernähren und dabei nachhaltig Ressourcen zu schonen und Gemeinschaft zu erleben.
In diesem Zusammenhang wurden ein Buddy-System und Onboarding Veranstaltungen für neue Mitglieder, sowie Workshops für Ernteteiler:innern genannt, um nur einige der wichtigsten Ideen zu nennen.



Solidarische Verteilung
In der Arbeitsgruppe Solidarische Verteilung haben wir uns mit der Frage beschäftigt, wie wir es ermöglichen können, dass alle Ernteteiler*innen bei der Freien Entnahme so viel Gemüse nehmen können, wie sie brauchen, ohne dass am Ende andere durch die Finger schauen.
Zunächst einmal waren wir uns einig, dass sich der Wert unseres Gemüses nicht an einem bestimmten Preis bemessen lässt, sondern vielmehr darin liegt, dass es super schmeckt, gesund und knackig ist, satt macht, und dass wir mit seinem Anbau einen Beitrag zu ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit leisten.
Dennoch ist es – gerade für neue Mitglieder – oft schwer, sich von der Vorstellung zu befreien, dass ich mit meinem Mitgliedsbeitrag meinen Ernteanteil und damit eine bestimmte Menge Gemüse „bezahle“. So entstehen dann eventuell bei der Abholung Erwartungshaltungen bezüglich der Menge, oder die Vorstellung, der Ernteanteil sei „zu teuer“ oder auch „zu billig“.
Da in unserer Gruppe nur langjährige Mitglieder und Naschmarkt-Abholer:innen bzw. Standdienstler:innen vertreten waren, wurde es sehr schnell sehr konkret mit den Verbesserungsvorschlägen, wie mehr Verständnis bei der Gemüseabholung und mehr Solidarität unter den Ernteteiler*innen erreicht werden könnte.
Zum einen braucht es ausreichend Information vom Hof für die Ernteteiler:innen bezüglich der Gemüsemengen und -Qualität (Warum gibt es hiervon diese Woche eher wenig, warum davon besonders viel, warum immer so viel Mairübe ;)? Woher kommen bestimmte Schäden am Gemüse?). Da längst nicht alle Ernteteiler:innen die wöchentlichen Hofnachrichten inklusive Gemüseinfo lesen, braucht es dafür eventuell neue Kanäle, wie z.B. Broadcasting-Gruppen über Signal oder WhatsApp, falls Ernteteiler:innen hieran interessiert sind. Ein weiterer Vorschlag war ein verpflichtender und etwas umfangreicherer Onboarding-Termin für alle neuen Mitglieder zu Beginn der Freien Entnahme oder ein Buddy-System, um neuen Ernteteiler:innen den Einstieg zu erleichtern.
Die bereits eingeführten Musterkörbe zur Veranschaulichung der ungefähren Größe eines Ernteanteils wurden als hilfreich empfunden, sollten jedoch nicht als genaue Vorgabe verstanden werden.
Verwirrung gab es öfter wegen der Möglichkeit, einen „kleinen“ Ernteanteil zu beziehen und diesen dann eventuell noch unter mehreren Mitgliedern aufzuteilen. Hier wurde in der Gruppe eher die Idee begrüßt, die Anteile wieder zu vereinfachen, in dem nur ein einziger „normaler“ Anteil angeboten wird, da ja sowohl die Höhe des Mitgliedsbeitrags als auch die Menge des abgeholten Gemüses grundsätzlich nach Selbsteinschätzung und Prinzipien der Solidarität bemessen werden sollten.



Solidarische Gemeinschaft
GeLa Ochsenherz verzeichnet bereits seit einiger Zeit einen stetigen Rückgang von Mithilfe und Engagement der Mitglieder, dies hat Auswirkungen auf die Arbeit welche am Hof und im Verein anfällt.
Dieses Tief an Unterstützung führte im vergangen Winter zu einem ernsten Schreiben vom GeLa Rat an die Mitglieder in welchem die Problematik und ihre Auswirkungen angesprochen wurden.
Kurz darauf gab es einen relativ gut besuchten Community Kreis, welcher live in Wien statt gefunden hat und bei welchem wir gemeinsam Gründe und Ideen zur Lösung aufgezählt haben – eine Idee wurde direkt bei der Anmeldung zur kommenden Saison umgesetzt: die Selbsteinschätzung der möglichen „Ehrenamtsstunden pro Jahr“ zur Mithilfe am Feld und im Verein. Und auch bei der Jahreshauptversammlung meinen wir mehr Gesichter als gewohnt gesehen zu haben.
Unsere Gruppe hat sich diese lange Liste an Ideen angesehen und noch einmal durchgearbeitet. Wir haben die Vorschläge thematisch geclustert und in „direkt umsetzbar“ und „braucht weitere Bearbeitung“ unterteilt.
Direkt zur Umsetzung wurden folgende Punkte an Anwesende beim Treffen verteilt:
- Erstellung einer Signal-Gruppe zum Aufruf spontaner Mithilfe oder kurzfristige Einladung zu Treffen
- Organisieren von gemeinsamer Anfahrt zu Hofaktionstagen (öffentlich mit Zug + Bus, gemeinsam mit Zug + Fahrrad, Anreise mit dem Auto ab Bahnstation / ab Wien)
- Ratssitzungen für interessierte Mitglieder als Beobachter*innen öffnen
- Liste mit Aufgaben für Hofaktionstage für Menschen die nicht am Feld arbeiten können oder wollen
- Portraits von Mitgliedern und Mitarbeiter*innen erstellen und nach und nach veröffentlichen um die verschiedenen Aktivitäten im Verein auf zu zeigen und engagierte Menschen vor den Vorhang zu holen
- Regelmäßige „Visionstreffen“/ „Mitgliederklausuren“ wie das heutige Treffen – alle gehen gestärkt motiviert und voller Freude für GeLa Ochsenherz nach Hause. Davon brauchts mehr 🙂
Einige weitere Themen werden in den kommenden Community Kreisen weiter bearbeitet und kommen dann hoffentlich im Laufe des Jahres zur Umsetzung:
- Wie können wir Mitglieder direkt aktivieren?
(Kistl-)Buddy-System, persönliche Gespräche, … - Was tun mit der „Selbsteinschätzung zur Mithilfe“ – Erinnerung im September?
- Betriebsbesuche / Tag der offenen Hoftüre organisieren – inkl. Transport ab Wien?
- Rückblick – warum sind wir da wo wir sind, was ist der Grund für das schwindende Engagement von Vereinsmitgliedern?
- Community-Kreis Wiederbelebung
- Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themen / Interessen bilden
Wir sind alles sehr gestärkt und motiviert aus der Gruppenarbeit gegangen und freuen uns darauf die GeLa-Community in diesem Jahr wieder zu stärken, gemeinsam anzupacken und zusammen dieses wichtige und schöne Gemeinschaftsgefühl zu spüren.


